In den Gärten Bogotás

Mittwoch 6. März
Gastgeber Christian erzählt uns die Geschichte seines Stadtviertels und stellt  uns Betty vor, die sich mit anderen für den kommunalen Gemeinschaftsgarten engagiert.  

Eine Regenwurmzucht, Tabakpflanzen zur ökologischen Schädlingsbekämpfung, Obstbäume, ein großer Kräutergarten, Gemüse und Blumen, Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren und die Nachbarschaft zur Ernte einladen- auf ca. 1500 qm erstreckt sich die grüne Oase in Nuevo Mozu, ein Stadtteil im Süden der 8 Millionen Metropole Bogotás.

Das ehemalige Trainingsgelände für Polizeischüler gehört der Kommune. Die Bürger_innen leisteten Überzeugungsarbeit, um das Terrain gemeinschaftlich für den ökologischen Gartenbau zu nutzen. Denn seit der Schließung der Polizeischule okkupierten Drogenabhängige und -dealer das verwahrloste Grundstück, das unmittelbar an die öffentliche Grundschule grenzt.
Pflanzen, Werkzeuge, Regentonnen- wir finanzieren uns über Spenden, von der Stadt erhalten wir keine Zuschüsse“, erklärt Betty. Autodidaktisch und unterstützt durch den Botanischen Garten der Hauptstadt bildete sich die Graphikdesignerin fort, um ökologischen Landbau zu betreiben. Als Ruheständlerin widmet sie ihre Zeit und Expertise dem Gartenprojekt. Nach Feierabend und wochenends beteiligen sich Menschen aus der Nachbarschaft in der indigenen Tradition der Gemeinschaftsarbeit Minga.

Soeben wird eine Laube errichtet, die vor Sonne und Regen schützt. „Wir sind Mitglied im Red  Agroecologica del Sur de Bogota, im Netzwerk, um unsere Erfahrungen auszutauschen und die Lobbyarbeit zu organisieren. Die Laube soll als Versammlungsraum dienen“, erläutert Betty.
Leider müssten sie den Garten mittlerweile umzäunen, um Plünderungen zu verhindern.

Ansonsten teile man die Arbeit und den Ertrag „Die Familien sind froh, in der Stadt an die landwirtschaftlichen Traditionen wiederanzuknüpfen. Gleichzeitig wird das Gemeinschaftsgefühl im Stadtteil gestärkt.“

 

Sorgen bereitet zunehmender Starkregen, der die Pflanzen schädigt und das Grundstück überschwemmt. Umso wichtiger wird es, junge Menschen in der Stadt für eine nachhaltige Lebensmittelproduktion und den Erhalt der Biodiversität zu sensibilisieren und Schulklassen einzuladen. „Wir kämpfen gegen den Klimawandel an, gegen Agrarkonzerne, gegen die Genmanipulation.“

http://cityfarmer.info/peace-plants-and-hip-hop-in-colombia-south-america/  
(aufgrufen am 12.03.2019)

 

Das Flaschendorf

Der Kanadier Robert Bezau lebt seit 7 Jahren im Unruhestand auf der beliebten Touristeninsel Bocas del Toro in Panama. Die unerträgliche Vermüllung des Meeres vor Augen sammelte er auf der Insel bereits über eine Million Plastikflaschen, um ein Dorf zu bauen. Die Häuser sind an das tropische Klima angepasst und mit Hilfe von Metallstangen und Zement erdbebensicher konstruiert. Wie eine PET- Flasche überdauern sie 500 Jahre.

Am Dorfrand erhalten Besuchergruppen im angegliederten Plastikmuseums weitere Informationen. Das als Schloss konzipierte Museum wurde aus 40 000 Flaschen gebaut. Im integrierten Hotel können Besucher im Plastik „probewohnen“.

Solange die Industrie nicht umsteuert und die seit 1987 patentierten Plastikflaschen verbietet, brauche die Menschheit „An interest to keep ist“, ein Interesse an der Weiterverwertung. Baupläne stellt Bezau auf der Homepage zur Verfügung.
http://www.plasticbottlevillage-theline.com/

Für die Übergangsphase bis zum Verbot schlägt er die Konstruktion von eckigen Flaschen im Stil von Legobausteinen vor. Kinderleicht solle es möglich sein, dem Abfall Sinn zu geben.

 

Bezau mahnt die Politik an. Wenn es möglich war, dass BP nach dem Ölunfall Deepwater Horizon 2010 im Golf von Mexiko 60 Milliarden Dollar Entschädigung zahlen musste, müsse man die Produzenten für die verursachten Schäden durch Einwegplastik gleichfalls belangen.

Weitere Informationen

Eine aktuelle Reportage zum Projekt
Timo Reuter, Konstruktive Lösung In: TAZ 27.01.2018
http://www.taz.de/!5375033/

Ein sehenswertes Theaterstück im Mainzer Staatstheater
Der siebte Kontinent- Eine Reise zur größten Mülldeponie der Welt
https://www.youtube.com/watch?v=qH51rtAlWDI

Ein aktueller Blogbeitrag zum Plastikmüll in und um Panama
https://www.coplare.de/coplare/coplares-beobachtungen/plastikmüll-in-und-um-panama/

8 Staaten Zentralamerikas und der Karibik verbieten ab dem 1. Januar 2019 den Import und die Herstellung von Einwegplastik und Polysterol
https://amerika21.de/2019/01/220064/plastik-karibik-kolumbien-verbot

Ein Thema auch für Ludwigshafen
https://www.basf.com/global/de/media/news-releases/2019/01/p-19-109.html

Weltweit Müll fotografieren, per App die Bilder an die Produzenten senden
https://www.litterati.org/

Gegen Drogen Beethoven

Musikschule Santa Cecilia am Stadtrand von Oaxaca

Im August 2017 besuchten 1500 Menschen ein Friedenskonzert auf der städtischen Mülldeponie von Oaxaca. Während gewöhnlich 700t Müll pro Tag abgeladen werden, erklang am 6. August Beethovens „Ode an die Freude“, um gewaltbeladenen Konflikten zwischen der Stadt und den „Basureros“ ein vorläufiges Ende zu setzen. 20 Familien des unmittelbar angrenzenden Stadtteils Vicente Guerrero (Gemeinde Zaachila) leben vom Müll. In Eigeniniatitive durchsuchen sie die Abfälle, trennen Wertstoffe, reparieren und verkaufen Brauchbares weiter.

Die Arbeits- und Lebensbedingungen sind extrem hart. Auch Kinder sind ständig Giftstoffen und der Geruchsbelästigung ausgesetzt. Der Stadtteil wächst seit 30 Jahren, weil Menschen mangels einer Existenzgrundlage vom Land in die Stadt ziehen, um Arbeit zu finden. Viele haben einen indigenen Hintergrund. Wellblechhütten und unbefestigte Straßen spiegeln Problemlagen wider: Armut, Arbeitslosigkeit, Alkoholismus. Vicente Guerrero steht im Ruf, Vandalismus, Drogen und Gewaltdelikte anzuziehen.

Padre Josè Rentiéra stieß 2011 zur Prävention die Gründung einer Musikschule an. Das Friedenskonzert auf der Mülldeponie von 2017 war einer unter vielen Meilensteinen, um den Menschen mit Respekt zu begegnen und ein Leben in Würde zu fördern.

900 Kinder und Jugendliche besuchen mittlerweile die Musikschule im Stadtteil. Enthusiastisch proben die jungen Menschen bis zu viermal wöchentlich für Auftritte im eigenen Sinfonieorchester, Kammerorchester oder der Band, in Konzertsälen wie auf Dorffesten.

Die Instrumente sind zumeist Leihgaben aus Spenden, wenn nicht in Eigenbau erstellt. „Musik – jeder versteht sie. Musik verbindet. Musik fördert die persönliche Entwicklung. Musik prägt die indigene Kultur“, erläutert Padre Pedro bei einem Rundgang durch die Gebäude. Konzerte in der Hauptstadt Mexiko und in Frankreich zählen zu Höhepunkten. Künstler/-innen, Musikpädagog/-innen und auch Freiwillige aus Deutschland begleiten die musikalische Ausbildung ehrenamtlich.

Willkommen sind Spenden, um Musikinstrumente zu erwerben, Lehrkräfte zu finanzieren, das Schulhaus zu erweitern und Reisekosten der jungen Musiker/- innen zu finanzieren.

Weitere Informationen: