Ruanda bewegt sich: Die Menschen sind mehrheitlich zu Fuß unterwegs- oder auf dem Zweirad. Innerstädtische Fahrradwege wurden angelegt. Auf asphaltierten Überlandstraßen in bestem Zustand finden sich breite Randstreifen für Fußgänger- und Radler_innen.
Erstaunlich, was einem Fahrrad aufgebürdet werden kann- und auch den Männern, die Lastenräder bergan durch die Hügellandschaft schieben, zuweilen unterstützt durch zupackende Helfer und freundliche Anfeuerungsrufe.
Viele junge Männer arbeiten als Fahrradtaxifahrer. Möglicherweise ziehen sie einen Job als Dienstleistler der Feldarbeit und dem Handwerk vor. Die registrierten Fahrradtaxis verfügen über Nummernschilder, bequeme Gepäckträgersitzkissen und separate Fußstützen für Mitfahrende. Die Low-Budget- Taxis scheinen bei der Kundschaft beliebt. Nebenbei- Radsport ist sehr populär.
Ganz Ruanda, nein halb Ruanda zeigt sich im Fahrradfieber. Frauen treten bisher höchst selten in die Pedale. Das irritiert angesichts der Gender Balance im Land mit der weltweit der höchsten Zahl weiblicher Parlamentsabgeordneter (61%) sowie der weiblichen Erwerbsarbeit in Männerdomänen wie dem Straßenbau.
Geordnet halten sich die Motorradtaxifahrer zumeist an die Helmpflicht für die Passagiere. Sie müssen sich bis zum Jahresende 2019 auf bargeldlosen Zahlungsverkehr umstellen. Einnahmen sind kontrollierbar, die Preise sollen für die Fahrgäste transparenter werden. In vielen Ländern könnten derartige staatliche Regularien zu Protesten führen. In Ruanda ticken die Uhren anders. Die strenge Regierungspolitik scheint von den Menschen als gerecht empfunden und akzeptiert.
Individualreisende erfreut das Minibussystem. Die Abfahrtszeiten sind verlässlich. Der Ticketverkauf an zentralen Busbahnhöfen garantiert einen Sitzplatz. Überbelegung ist verboten. Temposündern drohen hohe Bußgelder. Der Verkehr fließt auch überland stressfrei und ohne Kamikaze- Fahrer am Steuer. Zudem müssen sich alle Fahrzeuge einmal jährlich einem „TÜV“ unterziehen.
Ruandas fortschrittliche Verkehrs- und Umweltpolitik drängt auf die Reduktion des Individualverkehrs. In der Metropole Kigali mit ca. 1,2 Millionen Menschen werden der öffentliche Nahverkehr ausgebaut, Carsharingkonzepte erprobt und die Fahrradmobilität wird gefördert.
Verträge mit dem Unternehmen Bosch bereiten den Einsatz von Elektrobussen vor. Noch stoßen zuweilen vor allem Lastwagen schwarze Rußwolken aus.
Während des monatlichen „Car free day“ in Kigali sind zentrale Straßen für den Autoverkehr gesperrt. Radler und Läufer toben sich aus. Nebenbei werden Gesundheitschecks angeboten, von der Blutdruckmessung bis zum freiwilligen HIV-Test. Der von vielen verehrte Staatspräsident Paul Kagame beteiligt sich in Laufschuhen und bewirbt den Umstieg aktiv.
Künftig soll ausschließlich der Import von Neuwagen möglich sein. Denn die Einfuhr alter Gebrauchtwagen erweist sich aufgrund technischer Mängel und der hohen Schadstoffbelastung als stetes Ärgernis. Um es mit Präsident Kagame zu formulieren „Afrika darf keine Resterampe für Gebrauchtwagen aus aller Welt sein.“
Im Sommer 2018 eröffnete die Volkswagen AG ein Montagewerk für den Polo in Kigali. Jährlich sollen zwischen 5000 und 10 000 Autos an Firmen und Privatkunden verkauft werden. Ein Win-Win- Projekt? VW sucht einen Zugang zum afrikanischen Markt und zeigt sich als Transportunternehmen mit eigener Flotte. 150 Taxen für die Regierung sowie 250 App-unterstützte bargeldlose Carsharing -Fahrzeuge gehen an den Start.
Ruandische Wertarbeit In: taz 30.06.2018
http://www.taz.de/!5513939/ (aufgerufen am 20.04.2019)
Das ehrgeizige Ziel: Ein Agrarland entwickelt stetig seinen Dienstleistungssektors. Die konstant hohen Wachstumsraten der letzten Jahre mit über 7% stimmen optimistisch. Ausländische Investoren lockt die Steuerbefreiung, z. B. in Ruandas Sonderwirtschaftszonen.
Ein Land mit vielen Gesichtern- die Dynamik ist unverkennbar. Die Umweltpolitik scheint vorbildlich, angefangen vom Verbot der Plastiktüte. Trotz der Stadt-Land- Gegensätze und der herausfordernden Armutsbekämpfung gelingt es, ökologische Ziele konsequent umzusetzen.